Stolpersteine
Aktion „STOLPERSTEINE - ein Kunstprojekt für Europa“
Der Kölner Künstler Gunter Demnig macht auf die Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus, von Rassenwahn, Intoleranz und Euthanasie aufmerksam. Die Gedenktafeln aus Messing, die in den Fußweg eingelassen werden, erinnern an diese Opfer des NS-Terrors.
Initiiert wurde die Aufarbeitung und Würdigung der jüdischen Schicksale in Grünheide durch die Eheleute Donner aus Fangschleuse mit Unterstützung der Zeitzeugen, des BLHA, dem Deutschen Bundesarchiv und der Stiftung "Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum". Unter www.stolpersteine.eu finden Sie weitere Informationen über das Projekt „Stolpersteine".
Stolpersteine - Erinnerungsorte in Grünheide
- Charlotte und Siegfried Philippson - Altbuchhorster Straße 14 in Altbuchhorst
- Minna und Max Baude - Waldeck 1 in Grünheide
- Luise und Max Jellinek - Löcknitzstraße 38 in Fangschleuse
- Hans und Natalie Nesemann - Ernst-Thälmann-Str. 19 in Fangschleuse
- Cäcilie Becker und Gertrud Dymak - Luisenstraße 5 in Altbuchhorst
- Leo Michaelis - Bergluch 2 in Fangschleuse
Charlotte und Siegfried Philippson
Charlotte Viktoria Bertha Philippson, geborene Däumichen wurde am 27. Mai 1899 als Tochter des Schneidemüllers Paul Däumichen und seiner Frau Florentine geboren. Sie besuchte das Lyceum in Berlin und eine Haushaltsschule. Ab 1923 arbeitete sie als Sprechstundenhilfe in der ärztlichen Praxis von Dr. Siegfried Philppson, den sie am 27. Mai 1927 heiratete. Dr. Siegfried Philippson, Sohn des Kaufmannes Gustav Philippson und dessen Ehefrau Henriette, wurde am 04. Mai 1896 in Feldberg (Mecklenburg Vorpommern) geboren. Er besuchte das Königsstädtische Realgymnasium und studierte anschließend an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde er gleich mehrfach zum Opfer von Gewalt durch das Nazi-Regime. So wurde er u.a. bei einem Überfall durch die SA im September 1933 derartig geschlagen, dass er zwei Tage in Gestapo-Gewahrsam bleiben musste, da er nicht mehr transportfähig war.
1935 verlegt er seine Privatwohnung von Berlin-Weißensee nach Grünheide in die Altbuchhorster Straße 14. Dort wurde das Ehepaar in der Reichskristallnacht am 10. November 1938 erneut zum Opfer. Die Nazis überfielen ihr Haus, zerstörten Einrichtung und Mobiliar und verletzten Charlotte Philippson so schwer, dass sie sich später einer lebensbedrohlichen Operation unterziehen musste. Was nicht zerstört war, wurde in der darauffolgenden Nacht gestohlen. Nur mit Mühe entkamen sie dem Feuertod.
Um dem Konzentrationslager zu entgehen, verließen sie Deutschland am 19. Mai 1939 und ließen sich in Shanghai nieder. 1943, nach Ausbruch des japanisch-amerikanischen Krieges, werden sie dort von den Japanern in ein Ghetto verbracht, wo sie bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland im August 1947 blieben. Im Flüchtlingslager in Berlin-Reinickendorf/Ost werden sie als Rückkehrer aus Shanghai zu Opfern des Faschismus erklärt und registriert. Sie bekamen von der Gemeinde Grünheide ein Haus in der Luisenstraße 12/13 in Altbuchhorst zugewiesen. In der Altbuchhorster Straße 14 in Grünheide wurden dem Ehepaar zwei Stolpersteine gewidmet.
Minna und Max Baude
Minna Baude, geborene Bernstein, geboren am 07.12.1868, verstarb am 22.06.1942 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin-Wedding. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Ihr Ehemann Max Baude wurde am 31.05.1866 in Berlin geboren. Er wurde am 3. Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 3. Februar 1943 den Tod fand.
Dem Ehepaar wurden an ihrem Wohnsitz in Grünheide, Waldeck 1, zwei Stolpersteine gewidmet.
Luise und Max Jellinek
Emilie Luise Jellinek, geborene Miethe wurde am 18.06.1880 in Hottingen in der Schweiz geboren. Ihr Vater war Deutscher und ihre Mutter Schweizerin, sie war also nichtjüdischer Abstammung. Im Jahre 1883 zog sie mit den Eltern nach Berlin. 1923 heiratete sie den Volljuden Max Jellinek.
Max Jellinek wurde am 16.10.1874 in Berlin geboren. Er war Mützenmacher und betrieb eine Hut- und Mützenfabrik in der Neuen Königstraße 11. 1931 kauften sich die Eheleute ein Haus in der Löcknitzstraße 38 in Fangschleuse. Ab 1933 wurden sie von den meisten Einwohnern des Ortes gemieden und später auch verfolgt. In der „Reichskristallnacht“ im November 1938 musste die Familie dabei zusehen, wie ihr gesamtes Hab und Gut zerstört und ihre Haustiere getötet wurden. Außerdem wurden sie von den Nationalsozialisten bedroht und hinterrücks aus dem Garten beschossen. Trotzdem überlebten beide den Überfall.
Max Jellinek starb am 05.08.1943 in Berlin und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Frau Jellinek überlebte und wohnte nach dem Krieg zunächst in Berlin-Pankow. Sie wurde als Opfer des Faschismus anerkannt und lebte 1948 in der Wiesenstraße 1/2 in Fangschleuse. Der Familie Jellinek wurden in der Löcknitzstraße 38 in Fangschleuse zwei Stolpersteine gewidmet.
Hans und Natalie Nesemann
Alfred Johannes (Hans) Nesemann wurde am 18.02.1884 in Wilsnack (heute Bad Wilsnack) in der Westprignitz als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Seine Lehre zum Apotheker macht er in Königsberg (Preußen). 1908 heiratet er seine erste Ehefrau und betreibt eine eigene Drogerie in Posen. 1913 gibt er das Geschäft auf, um nach Berlin überzusiedeln. Er erhält sofort eine Anstellung als Verwaltungsbeamter beim Berliner Magistrat. 1917 stirbt seine erste Ehefrau an Schwindsucht. Natalie Nesemann, geb. Kirchheim wurde am 24.10.1892 als Tochter eines Buchrevisors in Berlin geboren. Von 1908 - 1919 arbeitete sie als Buchhalterin und Stenotypistin. Am 10.07.1919 heiratet Hans Nesemann seine Natalie in zweiter Ehe in Berlin-Charlottenburg.
Natalie Nesemann ist Volljüdin und somit beginnen ab 1933 Verfolgung und Demütigung. 1936 erfolgt dann der Umzug in die Bismarckstraße 19, in Fangschleuse. Die Vermietung zweier Zimmer an Sommergäste wird ihnen 1938 verboten, ihr Radio wird beschlagnahmt, der Besuch eines Lokals bzw. Kinos oder Theaters wird ihnen untersagt und der Wert ihrer Kleider-und Lebensmittelkarten wird reduziert. Obendrein musste Natalie aufgrund der II. Verordnung vom 17.08.1938 den zusätzlichen Vornamen Sarah tragen. Erst mit dem Einmarsch der Roten Armee in Fangschleuse am 21. April 1945 endeten die Demütigungen.
Ab Mai 1945 leitete Hans Nesemann das Arbeitsamt in Grünheide und übernahm dort von Dezember 1945 bis Februar 1947 die Leitung des Dezernats „Arbeit“. Er starb am 22.03.1964 in Fangschleuse und wurde auf dem Waldfriedhof Grünheide beigesetzt. Natalie Nesemann ist die einzige Überlebende der Großfamilie Kirchheim. Am 2. Mai 1950 wurde sie als Opfer des Faschismus anerkannt. Nach dem Ende des Krieges arbeitete sie zunächst unentgeltlich als Schreibkraft des Arbeitsamtes Grünheide. Von 1946 bis 1951 war sie Leiterin des antifaschistischen Frauenausschusses. Sie starb am 28.05.1970 und fand ihre letzte Ruhe auf dem Waldfriedhof in Grünheide, neben ihrem Ehemann. Dem Ehepaar sind zwei Stolpersteine in der Ernst- Thälmann-Straße 19 in Fangschleuse gewidmet.
Cäcilie Becker und Gertrud Dymak
Cäcilie Becker, geborene Joseph wurde am 16.04.1876 in Berlin geboren. Ihre Tochter Gertrud Becker, verehelichte Dymak kam dann am 04.04.1908 zur Welt. Sie wohnten in der Luisenstraße 5 in Altbuchhorst. Auch die Frauen wurden aufgrund ihrer jüdischen Abstammung Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland. So wurde Cäcilie Becker am 28. Juli 1942 zunächst in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 26. September 1942 kam sie im Vernichtungslager in Treblinka ums Leben. Ihre Tochter Gertrud Dymak deportierte man 1943 in das Vernichtungslager in Auschwitz, wo sie ermordet wurde. Zwei Stolpersteine in der Luisenstraße 5 in Altbuchhorst sollen an das Schicksal von Cäcilie Becker und Gertrud Dymak erinnern.
Leo Michaelis
Leo Michaelis kam am 06.09.1882 in Meseritz zur Welt und lebte in Berlin, in der Holzmarktstraße 50d als Verwaltungsobersekretär a.D. bzw. Hausverwalter. Sein Sommerhaus Am Bergluch 2 in Fangschleuse wurde in der Reichskristallnacht am 10. November 1938 von den Nationalsozialisten niedergebrannt. Seine Frau Betty, geb. Speck ließ sich auf Drängen der NSDAP Anfang 1939 von ihm scheiden. Die Grundstücks-übertragung vom 28.03.1939 auf seine Ehefrau Betty wurde auf Grund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 03.12.1938 genehmigt. Verfolgt vom Nazi-Regime wurde er am 14. November 1941 von Berlin nach Minsk deportiert, wo er in der Vernichtungsstätte Maly Trostenez ermordet wurde. Frau Michaelis beantragte 1945 die Anerkennung als Opfer des Faschismus. Dieser Antrag wurde jedoch aufgrund der Scheidung von ihrem Ehemann abgelehnt. An das Schicksal von Leo Michaelis soll ein Stolperstein Am Bergluch 2 in Fangschleuse erinnern.
"FLYER - Stolpersteine in Grünheide" hier als PDF nachlesen...
[Stand: November 2015]